Willkommen bei "Früh-Auf" Altena e.V. Schutzgemeinschaft für Gewässer und Fischerei
Willkommen bei "Früh-Auf" Altena e.V.Schutzgemeinschaft für Gewässer und Fischerei

Kormoranschutz in Deutschland von                Klaus Weisser

Leitartikel in Heft 1/2025 von Fischschutz Aktuell aus Siegburg

Am 16. Oktober 2024 erteilte der Umweltausschuss des Deutschen Bundestages dem Antrag der CDU/CSU-Fraktion [20/10619] mit der Forderung nach einem bundesweiten Kormoranbestandsmanagement mit den Stimmen der Koali-tionsfraktionen SPD, Bündnis 90/Die Grünen und FDP sowie der Stimmen der Gruppe BSW eine Absage (https://www.bun-destag.de/presse/hib/kurzmel-dungen-1024754). Im Vorfeld, am 26. Juni 2024 fand die öffentliche Anhörung zu diesem Antrag mit dem Titel „Kormoranmanagement - Schutz von Artenvielfalt und Fischereibeständen" im Ausschuss für Umwelt und Naturschutz des Deutschen Bundestages statt, bei der acht Sachverständige Stellung bezogen [htt-ps://www.bundestag.de/doku-mente/textarchiv/2 0 2 4/kw2 6-
pa-umwelt-kormoran-1005350], Alle Stellungnahmen und eine Aufzeichnung der Wortbeiträge sind unter dem angegebenen Link öffentlich zugänglich. Das, was die Verteidiger des Kormoranschutzes im Rahmen dieser Anhörung von sich gaben, stellt noch die widerlichste Schmierenkomödie in den Schatten. Mir haben sich sprichwörtlich die Nackenhaare aufgestellt. Aus meiner Sicht sieht sich die gesamte Gemeinschaft ernsthafter Natur-und Artenschützer unser Fischlebensräume:    Gewässerökologen,

Vertreter der Angel- und Berufsfischerei sowie der Gewässerwirtschaft einer unbelehrbaren, ideologisch verblendeten und destruktiven Kormoran-Lobby ausgeliefert gegenüber. Sachlichkeit, eindeutige wissenschaftliche Ergebnisse zu den Schäden durch Kormoran-Prädation, zahlreiche

verbriefte Beweise für den schädlichen Einfluss völlig überschätzter Kormoranpopulationen, bis hin zur kompletten Zerstörung von Gewässerökosystemen und drohendem Artenverlust finden kein Gehör und prallen an diesem ideologischen Bollwerk ab, das den Schutz einer einzigen explodierenden Art über den Schutz gesamter Lebensräume und zahlreicher vom Aussterben bedrohter Arten stellt. Im Grunde möchte ich mich lieber mit ernsthaften Wissenschaftlern und Naturschützern befassen und von ihren Bemühungen um Lebensraumverbesserungen und Biodiversi-tät berichten, als mich mit Stellungnahmen auseinander zu setzen, die nicht einmal das Papier wert sind, auf dem sie gedruckt wurden. Da findet sich beispielsweise in der Stellungnahme von Rechtsanwalt Dirk Wüstenberg
[Ausschussdrucksache 20(16)284-B] folgendes Zitat: „Der zeitweise Rückgang heimischer Fischarten in den Flüssen, Bächen und Seen hat andere Hauptursachen, insbesondere den unzureichenden Gewässerschutz vor Schadstoffeinträgen und die unzureichende Gewässerkörpergestaltung. Hauptverursacher aller Artenrückgänge ist die Tierart Homo sapiens sapiens. " und „Der Anstieg von rund

20.000 auf 25.000 oder nunmehr

26.000 Brutpaare geht auf den leicht verbesserten Gewässerschutz (WRRL) und/oder auf verstärkte Zuwanderung von Kormo-ranen (wegen des Klimawandels?) zurück. Dauerhaft können sich Beutegreifer in ihrem Bestand nur dann vermehren und ansiedeln, wenn genug Beutetiere (Fische) vorhanden sind; viele Fische - viele Kormorane, wenige

Fische - wenige Kormorane. In den kommenden Jahren könnte/ dürfte der Bestand wieder auf rund 24.000 Brutpaare sinken (natürliche Schwankungen laut Status quo). Die Bestandszahlen sagen nichts über die Ursachen der Bestandsveränderungen aus." und weiter „Die Fischarten werden durch den Kormoran, den Graureiher, den Seeadler, den Fischotter, den Biber etc. nicht aussterben. Beutegreifer sind von ihren Beutetieren abhängig (s. zuvor)." und noch besser „Ohne die Massenfischsterben gäbe es genügend Fisch für alle." Wem das noch nicht reicht, dem sei noch die Zukunftsvision der Kormoranschützer mit auf den Weg gegeben - der Kormoran-Abschuss ist es jedenfalls nicht:    „Die

„Flucht" in das Jagdrecht lenkt vom Gewässerschutz als wahren Problemloser ab. Die Jagd auf
Beutegreifer ist langfristig kontraproduktiv. Mehr Kormorane, Graureiher, Seeadler, Fischotter, Biber, Wölfe u. a. bewirken ein schöneres Naturerlebnis samt Wachstum in der Tourismusbranche." „Kormorane dienen durch den Fischfraß der Verbesserung der Wasserqualität (Resultat: klareres Wasser). Kormorane fördern den Tourismus. Bei besserem Gewässerschutz könnten viel mehr Fische (Beutetiere) und viel mehr Kormorane (Beutegreifer) in Deutschland leben. Größere Beutegreiferbestände (Kormorane, Seeadler u. a.) bewirken langfristig mehr Einnahmen in den Branchen Hotel, Gaststätten, Binnenschifffahrt, Berufsfischer etc. Das Naturerholungserlebnis der Touristen nimmt bei größerer Biodiversität („Wildnis") zu.". Ich bringe es schnell noch einmal für alle die Leserinnen und Leser auf

den Punkt, die sich jetzt noch in einer Schockstarre befinden: Es gibt gar keine Kormoran-Überpo-pulationen, weil sich Kormoranpopulationen nämlich nur vergrößern, solange sie Fische zum Fressen haben. Und Kormorane zu dezimieren ist kontraproduktiv, weil sie durch das Fressen von Fischen die Wasserqualität verbessern und ihre massenhafte Präsenz den Tourismus ankurbeln. Ganz toll! Gehen wir weiter zur Stellungnahme von Christof fferrmann, Beringungszentrale ffiddensee [Ausschussdrucksache 20(16)284-A], Zitat: „Aufgrund des Zugverhaltens der europäischen Kormoranpopulation sowie der hohen Kompensationsfähigkeit für Verluste durch menschliche Eingriffe sind Maßnahmen jeglicher Art, die auf eine Reduzierung der Populationsgröße zielen, ungeeignet, zur Lösung oder Reduzierung von Kormorankonflikten beizutragen. ", „Ab Beginn der 1980er Jahre nahm der Kormoranbestand rasch zu. Diese Zunahme war nicht die Folge zusätzlicher Schutzmaßnahmen. Diese bestanden bereits lange zuvor und selbst die in den 1950er Jahren noch in begrenztem Umfang durchgeführten Regulierungsabschüsse wurden ab den 1960er Jahren vollständig eingestellt. Die
Bestandszunahme war die unmittelbare Folge des Rückganges der DDT-Belastung in der Umwelt aufgrund der Einschränkung bzw. vollständigen Einstellung der Nutzung dieses Insektizids in Europa" Soweit die Philosophie eines vermeintlichen Vogelexperten mit dem Fazit: Wir haben es nicht etwa mit explodierenden Kormoran-Populationen zu, weil diese überschützt sind und sich unkontrolliert vermehren. Es gab sie schon immer in diesen Größenordnungen, nur Gifte wie DDT haben sie temporär dezimiert. Kaum ist das Gift verboten, erholen sich die Kormoranbestände wieder. Und egal, wie viele Kormorane man abschießt, das hat gar keine Auswirkung auf die Anzahl der Kormorane. Bravo! Ich glaube, das große Problem, das ich beim Thema Kormoran habe, ist mein Alter. Ich bin jetzt bald 45 Jahre als Mitglied im Fischschutzverein organisiert und verfolge die Diskussionen seit vielen Jahren. Leider bin ich auch etwas naiv, denn ich habe an die Kraft demokratischer Prozesse geglaubt, daran, dass wissenschaftliche Erkenntnisse, Fakten, Beobachtungen und Versuchsergebnisse sich gegen Ideologie und Unsachlichkeit durchsetzen würden. Während aber die Stellungnahme von Dr. Carola Winkel-

mann (Universität Koblenz) [Ausschussdrucksache 20(16)284-E], Stefan Jäger (Kormorankommission des Deutschen Fischerei-Verbands e. V.) [Ausschussdrucksache 20(16)284-C], Reinhart So-sat (Deutscher Angelfischerverband e. V.) [Ausschussdrucksache 20(16)284-D], Dr. Sebastian Zel-der (Einzelsachverständiger) [Ausschussdrucksache 20(16)284-F] und Prof. Dr. Alexander Brinker (Fischereiforschungsstelle Langenargen) [Ausschussdrucksache 20(16)284-G] sich sachlich, objektiv und wissenschaftlich basiert mit dem Thema Kormoran und Einfluss auf die Fischbestände auseinandersetzen, haben Argumente, wie eben zitiert offensichtlich überzeugt und zur Ablehnung des Antrags für ein Kormoranmanagement zum Schutz von Artenvielfalt und Fischereibeständen im Umweltausschuss geführt. Statt über die völlig abstrusen Abhandlungen der ideologisch verblendeten und kompromissunwilligen Kormoran-Lobby zu schreiben, hätte ich hier lieber über die spannenden und erkenntnisreichen Stellungnahmen der Wissenschaft, wie die von Frau Dr. Carola Winkelmann von der Universität Koblenz berichtet, die aufzeigen konnte, dass es vor allem Kormorane sind, die das
Stoppen einer Algenmassenentwicklung verhindern. Das wäre aber für die Aufrechterhaltung einer guten Wasserqualität notwendig. Wir denken hier an das allseits bekannte Beispiel der Nis-ter. Oder die Aufforderung von Stefan Jäger von der Kormorankommission des Deutschen Fischerei-Verbands gemeinsam mit den Mitgliedstaaten Maßnahmen zu ergreifen, um die Kormoranbestände zu reduzieren. Dabei verweist er auf das funktionierende und effektive Kormoranmanagement in Dänemark, wo erfolgreich Eingriffe in Brutkolonien durch das Einölen der Eier vorgenommen werden. Erkenntnisreich sind auch die Berichte von Reinhart Sosat vom Landesfischereiverband Baden-Württemberg, der den „überhöhten Schutz von Prädatoren" in Deutschland kritisiert. Als Beispiel stellt er klar, dass in Baden-Württemberg nur noch 31 Prozent der Fischarten nicht gefährdet seien. Die Bestandsdichten seien auf einem katastrophalen Niveau, wogegen sich der Kormoran massiv ausbreite. Ganz hervorragend sind auch die Ausführungen von Prof. Dr. Alexander Brinker von der Fischereiforschungsstelle Langenargen, der darauf hinweist, dass sich der Kormoran seit 30 Jahren in einem guten Erhaltungszu-

stand befindet und sich europaweit ausbreite. Auch Brinker verweist auf das erfolgreiche Kormoranmanagement in Dänemark. Am Beispiel des Bodensees, früher ein Gewässer mit einer der bedeutendsten Binnenfischereien Europas, droht nach seiner Ansicht die dortige Fischerei aufgrund der Kormoran-Prädation in der Bedeutungslosigkeit zu verschwinden. Am liebsten hätte ich aber über die Veröffentlichungen von Ph. D. Niels Thorvald Jepsen (Senior Researcher, Technical University of Denmark / National Institute of Aquatic Resources / Section for Freshwater Fisheries Ecology) berichtet. Ein besonders sehenswerter Vortrag von ihm findet sich u. a. auf YouTube [htt-ps://youtu.be/HTHSlYRQUIA?si= ffF2GsX0LPMxQePgi], Jepsen fand beispielsweise bei Untersuchungen am Ringkpbing Fjord in den Jahren 2000 bis 2002, dass 40 bis 50% der Tags, mit denen er Lachs-Smolts makiert hatte in der benachbarten Kormorankolonie gefünden wurden. Bei Untersuchungen 2003 und 2004 ermittelte er, dass 40 bis 50 % markierter Aale innerhalb eines Jahres von den Kormoranen gefressen worden waren, 100 % seiner markierten Flundern sogar in nur 15 Tagen. Analysen der Kormoran-Exkremente ergab den Verlust
von 30.000 Lachs-Smolts, 1,4 Mio. Flundern und 38.000 Aalen. Bemerkenswert auch sein Bericht, dass mit dem massiven Einfall der Kormorane in Dänemarks Binnengewässer naturbelassene Flüsse z.T. vom Kormoran fischleer gefressen wurde und die früher landesweit reichlich vorhandene Bachforelle, einfach nicht mehr vorhanden ist. Und wer denkt, das diese Probleme nicht unsere Probleme wären, den möchte ich daraufhinweisen, dass das ursprüngliche und ehrgeizige Projekt „Lachs 2000" (später „Lachs 2020") an der Kormoran-Prädation gescheitert ist und sich jetzt in der Vision „Rhein 2040" verliert. Kein Wunder, wenn „...nachweislich zu 90% und mehr weggefressen werden.. ." (https://contra-kormoran. de/rheinlachs/J. Doch erneut wurde ein positiver Vorstoß in Richtung Schutz aquatischer Lebensräume und deren Artenvielfalt durch ein effektives Kormoranmanagement von der ideologischen Kormoran-Lobby jäh gestoppt. Ich erinnere noch einmal daran, dass es um Deutschlands Gewässer schlecht bestellt ist. Obwohl die Europäische Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) eigentlich vorschreibt, dass alle Gewässer der EU bis spätestens 2027 (ursprünglich 2015) in einen „guten"

ökologischen Zustand versetzt werden müssten, verfehlen fast 92 % aller deutschen Oberflächengewässer dieses Ziel, bzgl. des Wasserchemismus erfüllt nicht ein einziges Gewässer die Anforderungen der WRRL [ww-wf.de]. Auch die Biodiversität ist ein wichtiger Bestandteil der europäischen Wasserrahmenrichtlinie (WRRL). Doch das Artensterben in unseren Gewässern schreitet munter voran. Mehr als die Hälfte (52 %) aller Süßwasserfischarten und Neunaugen gelten laut Roter Liste als bestandsgefährdet oder sind bereits ausgestorben. 4 % sind mittlerweile extrem selten, 7 % sind bereits auf der Vorwarnliste. Ungefährdet dagegen sind nur noch rund 36 % der Arten [rote-liste-zentrum.de]. Einer der unermüdlichen Kämpfer für ein Ende des ideologischen Kormoranschutzes zur Rettung unserer Fische und ihrer Lebensräume, ist Dr.-Ing. Franz Josef Lohmar, der unter anderem in dem Verein Fischschutz-contra-Kormoran e.V. [https://contra-kormoran.de/] organisiert ist und sich auch dankenswerterweise dazu bereit erklärt hat, uns am 23.03.2025 im Anschluss an unsere Mitgliederversammlung über die Arbeit seines Vereins und den Sachstand der Kormoran-Problematik in Deutschland
zu informieren. Auf der Homepage von Fischschutz-contra-Kor-moran e.V. finden sich zahlreiche Informationen und Veröffentlichungen zum Thema Kormoran. Ich möchte dafür werben, sich auf der Homepage von Fischschutz-contra-Kormoran einmal umzuschauen und sich den Vortrag von Dr.-Ing. Franz Josef Lohmar im Nachgang unserer Mitgliederversammlung anzuhören. Aber mehr noch möchte ich dafür werben, sich für ein effektives Kormoranmanagement stark zu machen. Positioniert euch und helft mit, dass sich endlich Vernunft und ein Naturschutz mit Augenmaß, bei dem Fischen und Kormorane in gleicher Weise betrachtet werden, breitmacht und letztendlich auch durchsetzt - bevor es für unsere Fische und ihre Lebensräume zu spät ist.

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